Kanonenrohr eines deutschen Kampfpanzers (© Jörg Hüttenhölscher / Fotolia)

Was sehen Sie? Bitte sehen Sie genau hin! Viele haben in der Freilassung Deniz Yücels nach 366 Tagen Haft mehr gesehen als nur den Lobgesang auf die Pressefreit! Die Hymne der Pressefreiheit wurde in jedem Fall am Freitag, den 16.02.2018, genial inzeniert.

Anders als sonst wählte Außenminister Sigmar Gabriel nicht einen neutralen Ort zur Verkündung seiner frohen Kunde. Auch nicht den Sitz seines Ministeriums. Nein, er wählte den Newsroom der „WELT“. Das kam dem Vorstandsvorsitzenden der Axel Springer SE, Mathias Döpfner, und dem „WELT“-Chefredakteur, Ulf Porschardt, nicht ungelegen. Beide Springer-Leute mussten als Vorgesetzte Yücels keinen Schritt vor die Tür machen, sondern nur in die ehemalige Ullstein-Halle kommen.

Noch ein wenig Choreografie: Der riesige Döpfner links, Gabriel in die Mitte und rechts der Chefredakteur. Dann noch ein Foto mit dem #Free Deniz (sic!*) auf die Bildschirme schanzen, Mikrofone an und schon konnten alle drei einen Kanon auf die Pressefreiheit anstimmen. Überall ließ sich dieses Spektakel betrachten, war es doch die Meldung des Tages!

Wer sich allerdings die Mühe machte genauer hinzuschauen, der entdeckte noch eine alternative Sichtweise auf den Freitag der Freilassung. Im Kurznachrichtendienst „Twitter“ beispielsweise bekommt Gabriel sein Fett weg. Schon seit längerer Zeit nennen seine Kritiker ihn dort nur noch „Panzersigi“. Außerdem mehren sich unter dem #Panzer kritische Kommentare. Den Tenor der Tweets bildet die Frage, wie viele Panzer für Yücel wohl den Besitzer wechseln dürfen.

Und siehe da: Bereits zwei Tage nach der Freilassung Yücels äußert sich der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz gegenüber der DPA. Er wünsche sich eine deutsche Beteiligung via Rheinmetall am Bau des türkischen Kampfpanzers „Altay“.

Hierzu wurden übrigens bereits am 09.01.2018 geheime Gespräche in Düsseldorf, dem Konzernsitz Rheinmetalls, geführt. Dies jedenfalls geht aus einer Pressemitteilung des Magazins „stern“ hervor, welche auf presseportal.de am 13.02.2018 veröffentlicht wurde. Dem Magazin und den Journalisten von „Report München“ liegen hierzu interne Firmenunterlagen vor. Die Türken wünschen sich seit geraumer Zeit eine Kampfkraftsteigerung ihrer bereits im Dienst befindlichen Leopard-Panzer. Und später dann auch noch Panzertechnologie für eine eigene Panzerserie über ein Rheinmetall-Joint-Venture.

Sigmar Gabriel hatte laut „stern“ und „Report München“ hierzu seinen türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu bei sich zu Hause in Goslar zum Tee empfangen. Zuerst stellte Gabriel hierbei wohl eine Exportgenehmigung in Aussicht. Später distanzierte er sich allerdings davon und gab zu bedenken: Nur die neue, noch zu bildende Bundesregierung könne so etwas entscheiden. Wahrscheinlich wurde es ihm und der geschäftsführenden Bundesregierung doch zu heiß, als herauskam, dass die Türken deutsche Leopard-Panzer gegen die kurdische Miliz YPG in Syrien einsetzen. Ironischerweise ist dies allen bekannt, nur der geschäftsführenden Bundesregierung liegen hierzu bisher keine Erkenntnisse vor.

Es fehlt nur ein wenig Phantasie, um sich vorzustellen, wie Gabriel und die Rheinmetall-Manager die Eurozeichen in ihren Gesichtern schwinden sahen. Und da dachte sich wahrscheinlich Gabriel, dass er nun einen Mann braucht, der sich mit „lupenreinen Demokraten“ auskennt: Altbundeskanzler Gerhard Schröder. Gut, dass er ein „Frog“ ist, ein Friend of Gerd. Freunde helfen sich nun einmal in schlechten Zeiten. Und selbstverständlich hatte Schröder Zeit und konnte sich als Frischverliebter sogar von seiner neuen Freundin losreißen. Die geleisteten Opfer sollten sich auszahlen: Yücel kam frei und eine Exportgenehmigung für deutsche Waffentechnik rückt näher.

Bitte sehen Sie genau hin! Ich sehe im 16.02.2018 einen guten Tag für die deutsche Rüstungsindustrie! Was sehen Sie?

* Hashtags enthalten keine Leerzeichen, dies sollte bei Axel Springer eigentlich bekannt sein. Immerhin bezeichnet sich das Haus als Europas führender Digitalverlag.

#Panzer #Politik #Rüstungsindustrie #Syrien

19. Februar 2018