Die Bundeswehr auf Nachwuchssuche: "Hier könnte Ihr Name stehen!"

Die Bundeswehr hat auch Jahre nach Aussetzung der Wehrpflicht Schwierigkeiten, geeignetes Personal zu finden. Während sie in der letzten Zeit mit YouTube-Serien wie „Die Rekruten“ und „Mali“ die Zielgruppe geschickt adressierte, griff sie nun bei einer Werbung für den Girl’s Day direkt ins Klo.

„Platz da, jetzt kommen die Girls!“ ist der Titel eines YouTube-Videos, dessen Handlung schnell erzählt ist. Durch eine Überwachungskamera ist folgende Szene zu erkennen: Ein Hipster parkt sein Auto auf einem Frauenparkplatz, steigt aus und verschwindet. Kurze Zeit später rollt ein Bergepanzer über das abgestellte Fahrzeug, eine Frau mit langen Haaren steigt aus der Luke, schließt den Panzer scheinbar elektronisch ab und verschwindet.

Bundeswehr-Werbung „Platz da, jetzt kommen die Girls!“

Nach dem Anschauen des Clips frage ich mich ernsthaft, was die Bundeswehr respektive ihre Werber mir als Frau sagen wollen…

Als ehemalige Freiwillig Wehrdienstleistende (FWDLerin) glaube ich, dass in diesem Fall die Ironie einfach nur falsch verstanden werden kann. Außerdem sehe ich es kritisch, dass dieser Clip bewusst junge Mädchen ins Visier genommen hat. Schließlich wurde er eigens für den Girl’s Day entwickelt.

Mit keinem Wort wird erwähnt, dass eine Verpflichtung bei der Bundeswehr auch mit erheblichen Gefahren für Leib und Leben wie bei Auslandseinsätzen in Afghanistan oder Mali einhergehen kann. Die weiterführenden Links enthalten auf den ersten Blicken ebenfalls keine Informationen hierzu. Das Instagram-Profil der Rekrutierer enthält Stand heute nur wenige Posts und die Facebook-Fanpage „Bundeswehr Exklusive“sowie die Bundeswehr-Karriere-Website stellen dem Anschein nach eher den Abenteuercharakter eines Dienstes an der Waffe heraus. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass ich die verlinkten Snapchat-Aktivitäten mangels einer eigenen Mitgliedschaft in diesem Netzwerk nicht nachvollziehen konnte.

„Im Gegensatz zu Deutschland verzichtet die große Mehrheit der 191 Vertragsstaaten der UN-Kinderrechtskonvention auf die Anwerbung Minderjähriger. Auch auf UN-Ebene gibt es kein Verständnis für das Verhalten Deutschlands.“ Offener Brief des Deutschen Bündnisses Kindersoldaten, des Forums Menschenrechte, des Arbeitskreises Darmstädter Signal sowie der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft aus dem Jahre 2013 an die damalige Bundesregierung

In diesem Fall stelle ich mir wie die Kritiker einer Rekrutierung Minderjähriger die Frage, ob die Bundesrepublik Deutschland der von ihr unterzeichneten UN-Kinderrechtskonvention gerecht wird. Gemäß Artikel 29 Absatz 1 d) dieser Konvention sind sich die Mitgliedsstaaten darin einig, dass die Bildung Minderjähriger darauf gerichtet sein muss, „(…) auf ein verantwortungsbewußtes Leben in einer freien Gesellschaft im Geist der Verständigung, des Friedens, der Toleranz, der Gleichberechtigung der Geschlechter und der Freundschaft zwischen allen Völkern und ethnischen, nationalen und religiösen Gruppen sowie zu Ureinwohnern vorzubereiten.“ Dass die Verständigung zwischen den Völkern bei einer Armee, die hauptsächlich Interessen der NATO umsetzt, im Vordergrund steht, darf wohl bezweifelt werden.

#Bundeswehr #NATO

28. April 2018