Richtungsverkehr: In der Europa Passage weisen Pfeile nun den Weg

Seit Mittwoch zeichnen sich erstmals deutliche Lockerungen der Corona-Regeln in Deutschland ab. Dabei ist gefühlt ein Wettstreit zwischen den Bundesländern darüber entbrannt, wo die Bürger am meisten dürfen. Nicht ungefährlich, spielt die Politik doch mit dem Vertrauen und der Gefahr!

Auch wenn die Maßnahmen zur Eindämmung von Covid-19 schon in den letzten Wochen nicht gänzlich einheitlich waren, ließ sich im Großen und Ganzen eine gemeinsame Linie erkennen. Die Linie ist inzwischen einer Spannbreite gewichen. Ein anschauliches Beispiel hierfür liefert der Möbelriese IKEA. Während die blauen Einrichtungshäuser in Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg, Thüringen sowie NRW ihre Türen wieder geöffnet haben, bereitet sich das schwedische Unternehmen in den anderen Bundesländern erst darauf vor. Corona-Funfact: In NRW war IKEA bereits seit dem 22. April geöffnet, Ministerpräsident Armin Laschet begründete diesen Sonderweg mit der enormen Bedeutung der Branche für sein Land. Absurdistan lässt grüßen!

Mecklenburg-Vorpommern hingegen preschte beim Thema „Urlaub“ vor: Ab dem 25. Mai dürfen wieder Touristen aus allen Bundesländern in das Land einreisen. Der schnöde Mammon dürfte bei diesem Voranschreiten im Vordergrund gestanden haben, immerhin hatte die Tourismusbranche gänzlich auf das lukrative Ostergeschäft verzichten müssen. Verwunderlich ist das Ganze deshalb, weil das Bundesland vorher recht harsch mit Zweitwohnungsbesitzern und Touristen umgesprungen ist. In der Bevölkerung kam zudem ein befremdliches Denunziatentum zum Vorschein, was MVs Innenminister Lorenz Caffier bereits im April dazu bewog sich diplomatisch zu äußern, dass ihm das Meldeverhalten Angst mache und es auch eine Zeit nach Corona gebe.

Ohne Probleme ließen sich weitere Beispiele für diesen föderalen Flickenteppich finden. Fakt ist allerdings: Immer neue Meldungen über Lockerungen machen die Runde und geben weiten Teilen der Bevölkerung das Gefühl, dass sich eine „Normalisierung“ einstelle. Vielleicht kommt bei dem einen oder anderen auch Neid auf, weil ringsherum schon mehr erlaubt ist als im eigenen Bundesland.

Wenngleich die Lockerungen aus verfassungsrechtlicher Sicht sehr begrüßenswert sind, haben sie leider einen unschönen Nebeneffekt zur Folge: das Gespür für die unsichtbare Gefahr schwindet. Viele werden leichtsinnig und verkennen, dass die Statistik des RKI nur Zahlen für bekannte Testfälle liefern kann. Dass die Pandemie alles andere als überstanden ist, zeigen aktuell mehrere Schlachthöfe, in denen sich eine Vielzahl von Arbeitern mit Covid-19 angesteckt haben. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie häufig auf engstem Raum zusammen leben.

Die Uneinheitlichkeit der politischen Entscheidungen auf Länderebene, die Medien sprechen lapidar von sechzehn Wegen aus der Krise, gestaltet die Kommunikation zur neu gewonnenen Unfreiheit als schwierig. Was bleibt, sind viele Fragen in den Köpfen der Bürger. Wurden sie vorher, besonders durch die Bundeskanzlerin Angela Merkel, mitgenommen, entsteht nun ein Vakuum, welches schlechte Krisenberater aus verschiedenen Ecken der Republik versuchen auszufüllen. Das aufgebaute politische Vertrauen kann schnell verspielt werden, besonders wenn nicht für jeden einzelnen klar wird, dass der Weg von der Unfreiheit zur Freiheit noch viele Mühen und sicherlich auch noch einige kreative Lösungen erfordern wird. Es bleibt zu hoffen, dass das Infektionsgeschehen weiterhin niedrig bleibt. Die Lage ist fragil, um es mit den Worten der Bundeskanzerlin zu sagen!

#Coronavirus #COVID19 #Gesundheit

9. Mai 2020